Freitag, 4. Dezember 2015

The Zombie Cage

Bild: Flickr / Gage Skidmmore - CC BY-SA 2.0
Zu den Problemen in einem meiner vergangenen Jobs gehörte der klassische Konflikt zwischen Projekt und Linie. Auf dem Papier waren einige Kollegen zu 50% von ihrer Linientätigkeit freigestellt, Ausnahmen davon gab es nur wenn äusserst dringende Aufgaben anlagen. Das Problem: es war praktisch immer irgendetwas äusserst dringend. Infolgedessen konnte es durchaus vorkommen, dass der eine oder andere dem Projekt tage- oder sogar wochenlang nicht zur Verfügung stand.

Das gegenüber dem Kunden zu thematisieren gestaltete sich unerwartet schwierig - obwohl ständig einzelne Aufgaben auf unserem Kanban-Board "feststeckten" sorgte die Arbeit der anderen Kollegen dafür, dass insgesamt ein beständiger Flow stattfand, in dem die Blockade der einzelnen Tasks, bzw. Personen nur noch schwer sichtbar war. Das für die Überplanung der eigenen Mitarbeiter verantwortliche mittlere Management konnte so immer behaupten, dass es gar kein Problem gäbe, schließlich ginge es doch beständig voran und alles würde abgearbeitet. Um die Blockaden so sichtbar zu machen, dass sie sich nicht mehr kleinreden liessen suchten wir nach einer guten Visualisierung und erfanden den Zombie Cage.


Der Zombie Cage war eine einzelne Box unterhalb des eigentlichen Boards, in die alle Tasks verschoben wurden, die während der letzten vier Meetings nicht bewegt worden waren. Durch ihre Platzierung auf dem Board waren diese Tasks bis dahin "lebendig" (d.h. in Arbeit befindlich) erschienen, obwohl sie in Wirklichkeit schon längst "tot" (aus dem Bearbeitungsstatus herausgefallen) waren, daher der Name. Sie nach unten zu verschieben erfülte zwei Zwecke: zum einen führten sie jetzt weiter oben nicht mehr zu "Work in Progress-Stauungen", zum anderen konnte das mittlere Management die personell bedingten Blockaden nicht mehr wegreden. Als besonders hilfreich erwiesen sich dabei die ungewöhnliche Benennung und die auffällige Gestaltung des Cage, die das sporadisch vorbeikommende obere Management immer wieder dazu bewegten diesen Bereich genauer anzusehen.

Plötzlich waren die Blockaden ein regelmässiges Thema in den Projektleitungsrunden und das Problem der Überplanung wurde offensichtlich. Letztendlich führte die Situation dazu, dass die überplanten Kollegen auf Druck von ganz oben ganz aus dem Projekt herausgenommen wurden, da es zu offensichtlich war, dass sie gar keine Zeit für eine zielführende Mitarbeit hatten. Die Nichtverfügbarkeit der ursprünglich zugesagten Ressourcen war damit offiziell beschlossen und führte auch zu einer Anpassung der Projektplanungen, die damit wieder ein Stück realistischer wurden. Gegen Ende war der Zombie Cage dann nur noch selten in Benutzung, alleine seine Anwesenheit sorgte aber dafür, dass Überplanungsversuche kaum noch stattfanden.

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