Donnerstag, 17. November 2016

Survivor Bias

Bild: Pexels / Oliver Sjöström - Lizenz
"Bei Spotify macht man das auch so." "Die Methode haben wir von Zalando übernommen." "Das ist das gleiche Vorgehen wie bei Netflix." "Wir machen das so wie Google." Sprüche wie diese habe ich über die Jahre bei vielen verschiedenen Firmen hören dürfen wenn mir Scrum-Anpassungen, Skalierungsframeworks oder Ähnliches erklärt wurden. Auf den ersten Blick erscheint es auch einfach und naheliegend: suche nach Beispielen für eine gelungene agile Transition, sieh Dir an wie es dort gemacht wurde, mach es genauso - voila, alles funktioniert. Oder doch nicht, denn etwas entscheidendes wird dabei vergessen.

Der Blick auf Spotify, Google, Netflix und Zalando verzerrt die Wahrnehmung, denn sie haben eine Gemeinsamkeit die so offensichtlich ist, dass sie schon wieder übersehen wird: sie haben überlebt und sind erfolgreich. Die dahinterliegende Bedeutung wird klar wenn man sich andere Unternehmen ansieht die nicht so glücklich waren, geschlossen wurden oder vor sich hinkrebsen - in ihnen findet man mitunter genau die gleichen Teamaufteilungen, Organisationsprinzipien und Skalierungsansätze wieder. Man sieht: nur an denen allein kann der Erfolg nicht liegen.

In mehreren Einsätzen in großen Projekten/Abteilungen (5 - 30 Teams) habe ich die Erfahrung gemacht, dass gerade im skalierten Umfeld viel "historisch gewachsen" ist. Firmenstrukturen oder Firmenkulturen sorgen dafür, dass ein und die selbe Lösung in einem Fall hervorragend funktionieren, in einem anderen aber zu Stillstand oder Chaos führen kann. Gute Ansätze können durch eine ungeschickte Einführung so diskreditiert sein, dass sie nicht mehr einsetzbar sind, andere, eher suboptimale können in bestimmten Konstellationen gute Ergebnisse bringen. All das kann man von aussen nicht sehen.

Für ein differenziertes Bild sollte man aus diesem Grund nicht nur fragen "Welche Methoden von erfolgreichen Unternehmen können wir auch bei uns einsetzen?", man sollte auch fragen in welchen Kontexten diese Methoden eingebettet waren und ob es andere Situationen gab in denen sie nicht funktioniert haben. Unterlässt man das und konzentriert sich nur auf die Erfolgsfälle ist die Wahrnehmung verzerrt - und basierend auf verzerrten Wahrnehmungen sollte man besser keine Methoden, Prozesse oder Frameworks einführen.

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