Montag, 20. März 2017

How to hire an Agile Coach

Bild: Flickr/Mike Mozart - CC BY 2.0
Wenn man sich die Ausschreibungen für die Stellen von Scrum Mastern oder Agile Coaches ansieht (egal ob Festanstellung oder Freelance) sind sie fast immer nach dem selben Muster aufgebaut. Welche Rolle wird gesucht, was sind die Aufgaben, welche Qualifikationen werden erwartet, was sind die Rahmendaten. So weit so gut. Aber: Das Ganze ist in den allermeisten Fällen so allgemein gehalten, dass es auf praktisch jede andere Stellenausschreibung auch zutreffen würde. Ein Beispiel:
Gesucht: Scrum Master für ein Standardsoftware-Projekt im Banking-Umfeld

Aufgaben:
• Methodische Unterstützung eines agilen Projektteams
• Management von Hindernissen und Problemlösungsprozessen
• Moderation von Regelmeetings (Planning, Refinement, Review, Retrospektive)

Qualifikationen:
• Erfahrung als Scrum Master für Software-Entwicklungsprojekte
• Erfahrung in Moderationstechniken
• Erfahrung mit agilen Projekten in einer eher Wasserfall-geprägten Organisation
• Beherrschung der üblichen Tools (Jira, Confluence, HP ALM)
• Optional: Branchenerfahrung

Rahmendaten:
• Projektstart: asap
• Projektdauer: 6 MM++
• Einsatzort: Luxemburg
• Kapazität: Vollzeit 5 Tage, davon max 1 Remotetag
• Sprachkenntnisse: Deutsch, Englisch, optional Französisch
Alles nicht falsch, und trotzdem - alles auch nicht besonders aussagekräftig. Man kann deutlich sehen, dass hier einfach ein standardisierter Textbaustein genommen wurde, bei dem lediglich Branche und Einsatzort angepasst wurden. Welche Herausforderungen hier wirklich warten kann man bestenfalls erahnen. Gerade das wäre aber eigentlich der zentrale Punkt. In einem stark Nachfrage-orientierten Markt sollte man hervorheben warum die zu vergebende Position besonders interessant oder anspruchsvoll ist, nur so zieht man die richtigen Leute an. Und umgekehrt sollte auch zumindest zu erahnen sein ob es ein "Pain in the ass-Job" ist, sonst ist der gefundene Kandidat schnell wieder weg und die Suche muss wieder von vorne beginnen.

Wie man es besser machen kann zeigt eine Ausschreibung die ich vor ein paar Monaten erhalten habe. Offen, ehrlich, anspruchsvoll, individuell und spezifisch. So sah sie aus:
Gesucht: Agile Coach für ein Unternehmen der Energiewirtschaft

Aufgabenstellung:
Das Team hat sich vor einem Jahr entschieden ohne externe Unterstützung auf Scrum umzusteigen. Rückblickend betrachtet keine gute Entscheidung, ein Audit hat ergeben, dass die Methode unvollständig und zum Teil fehlerhaft umgesetzt wurde. Die gelieferten Ergebnisse entsprechen folgerichtig nicht den Erwartungen. Gesucht wird ein Agile Coach der diese Mißstände erkennen und benennen kann, bei ihrer Beseitigung hilft und das Team und die Stakeholder aus ihrer Frustration herausführt.

Qualifikationen:
• Langjährige Erfahrung als Agile Coach oder Scrum Master in komplexen Team-Setups
• Erfahrung in der Restrukturierung fehlerhafter Scrum-Implementationen
• Hohe Methodenkompetenz in Moderation und Konfliktlösung
• Hohe Methodenkompetenz in der Motivation von Teams und Einzelpersonen
• Gute Kommunikations- und Präsentations-Skills
• Starke Persönlichkeit und hohes Durchsetzungsvermögen
• Belastbarkeit und Stressresistenz
• Optional: Erfahrung im Bereich agiles Testen/Testautomatisierung

Rahmendaten:
• Projektstart: asap
• Projektdauer: 10 MM++
• Einsatzort: Frankfurt
• Kapazität: Vollzeit, 5 Tage vor Ort
• Sprachkenntnisse: Deutsch
Ein Knaller. Man muss die Ausschreibung nur einmal lesen und weiss sofort worum es geht: hier wurde beim potentiellen Kunden in großem Maßstab Mist gebaut, der Job wird wirklich, wirklich anstrengend. Aber - wenn man auf der Suche nach einer echten Herausforderung ist und sich einen großen Namen machen will ist man hier genau richtig. Unabhängig davon, dass die Situation sicherlich ein Extremfall ist - mit der offenen Kommunikation der Problemstellung und der in diesem konkreten Fall nötigen Skills ist das hier ein positiver Ausnahmefall. Würden Ausschreibungen immer so formuliert sein würden offene Positionen deutlich besser besetzt werden als es heute häufig der Fall ist.

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